Freitag, 20. Juli 2012

Weltordnungskrieg

Weltordnungskrieg:
Das Ende der Souveränität und die Wandlungen des Imperialismus im Zeitalter der Globalisierung [Taschenbuch]

Robert Kurz


Robert Kurz ist am 19.Juli 2012 an den Folgen einer Nierenoperation gestorben. Mit 68 Jahren, viel zu früh.
Er war maßgeblicher Mitbegründer der Wertkritik.
Mit der Gruppe Krisis und später der Gruppe Exit! entwickelte er eine vehemente Kritik an den Grundformen der kapitalistischen Gesellschaft: Arbeit, Ware, Wert, Geld.

Dem Traditionsmarxismus warf er eine verkürzte Analyse und Kritik vor, die nur auf die Ebene der Verteilung des Reichtums abzielt, aber Form und Zustandekommen dieses Reichtums außen vor lässt.



Die Krise des Weltsystems und die neue Begriffslosigkeit.
Soweit in einer Zeit, in der das herrschende System keiner Legitimation mehr zu bedürfen scheint, überhaupt noch reflexiv gedacht wird, wirkt dieses Denken merkwürdig anachronistisch. Das gilt nicht nur für den aktuellen Inhalt, sondern auch für die Kategorien selbst, in denen dieser Inhalt sich darstellt. 

Wie es in wachsendem Umfang neue und schreiende soziale Gegensätze gibt, die sich aber nicht mehr mit eindeutigen soziologischen Modellen oder Klassenbegriffen erklären lassen, ebenso sind neue globale Wirtschaftskonflikte, Kulturkämpfe und Kriege zu beobachten, die nicht mehr in den bisherigen Begriffen der Wirtschafts-, Innen- und Außenpolitik beschrieben werden können.

So stellt man einerseits einen Bedeutungsverlust der Politik und einen Souveränitätsschwund der Staaten fest, drückt diese empirischen Erscheinungen andererseits gleichwohl immer noch in herkömmlichen Begriffen der Politik und der staatlichen Beziehungen aus.
Damit hängt zusammen, dass eine Orientierung, soweit sie überhaupt noch versucht wird, vornehmlich rückwärtsgewandt ist, nämlich als Hoffnung auf und Konzeptheckerei für irgendeine „Wiedergewinnung des Politischen“; und auch deswegen erweist sich die Sichtweise des Neuen als phänomenologisch beschränkt, während der Begriffsapparat der alte bleibt und krampfhaft festgehalten wird.
Das zeigt sich nicht zuletzt auf der Ebene der internationalen oder zwischenstaatlichen Verhältnisse, wenn ebenso vollmundig wie unangemessen von einer „Weltinnenpolitik“ die Rede ist.

Solange der Kalte Krieg als Systemkonflikt zwischen zwei ungleichzeitigen Erscheinungsformen bzw. Entwicklungsstufen des modernen warenproduzierenden Systems tobte, überlagerte er ein tiefer liegendes Problem, das auf diese Weise verborgen blieb.
Unter der Oberfläche des Kalten Krieges bildete sich eine globale prozessierende Krisenstruktur aus, die mit dem Zusammenbruch des Staatskapitalismus schlagartig ans Licht trat, jedoch unter dem Eindruck der Nachkriegsgeschichte nur ideologisch verzerrt wahrgenommen werden konnte.

Was als „Sieg“ des westlichen Kapitalismus erschien, entpuppte sich im Verlauf der 90er Jahre als irreversibler sozialökonomischer Zusammenbruch zunächst von großen Teilen der Peripherie des Weltmarkts.
Im Zentrum dieses Krisenprozesses steht das Abschmelzen der reellen (real Wert bildenden) kapitalistischen Arbeitssubstanz durch die dritte industrielle Revolution, die zunehmende „Ausbeutungsunfähigkeit“ des Kapitals aufgrund seiner eigenen technologischen Produktivitätsstandards und damit die Entsubstantialisierung des Geldes (Entkoppelung der Finanzmärkte von der Realökonomie).

Die Weltherrscher des Kapitals begreifen ihre eigene Welt nicht mehr.

Um das scheinbar Unbegreifliche dennoch begreifen zu können, ist es notwendig, in krassem Gegensatz zur pragmatischen Ideologie der herrschenden Funktionseliten, die heute in Wahrheit nur noch den totalitären Anspruch der Ökonomie an der Welt exekutieren, den ganz und gar nicht modischen Standpunkt radikaler Distanz und Kritik einzunehmen.

Erst aus dieser Position ist es möglich, die Zersetzungs- und Selbstzerstörungsprozesse des Weltsystems als solche zu erkennen, die Zusammenhänge in ihrer historischen Dimension aufzurollen und gleichzeitig als aktuell erscheinende Grenze der kapitalistischen Dynamik zu dokumentieren.


Bekanntestes Werk von Robert Kurz ist das Schwarzbuch Kapitalismus. Das neue Buch Geld ohne Wert. Grundrisse zu einer Transformation der Kritik der politischen Ökonomie soll posthum im Horlemann-Verlag erscheinen.


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