Montag, 26. Dezember 2016

... die demokratische soziale Initiative !





















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Die Demokratische Soziale Initiative ist eine Plattform für Menschen, die mit der aktuellen politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Entwicklung in Österreich unzufrieden sind und dies auch nachdrücklich zum Ausdruck bringen wollen.
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Deshalb wird dem AUSTAUSCH VON INFORMATIONEN UNTER GLEICHGESINNTEN zu diesen Themen hier breiter Raum gewidmet.
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Allen, denen das zu wenig ist, bietet diese Plattform auch zahlreiche Möglichkeit, sich selbst AKTIV für eine Verbesserung der aktuellen Gegebenheiten einzubringen, sich zu vernetzen, (gewaltfreie!) Widerstands-Aktivitäten zu organisieren, Gruppentreffen und themenbezogene Events zu besuchen oder zu organisieren ...
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siehe unter
http://jetzterstlinks.blogspot.co.at/2016/12/die-demokratische-soziale-initiative.html

Dienstag, 20. Dezember 2016

Die Eliten der USA als Geburtshelfer der Nazi-Bewegung





Hitlers amerikanische Lehrer:
Die Eliten der USA als Geburtshelfer der Nazi-Bewegung

Taschenbuch
von Hermann Ploppa (Herausgeber, Autor, Bearbeitung)

Ist tatsächlich der Nationalsozialismus mit all seinen schrecklichen Auswüchsen ein rein deutsches Produkt?
Der Autor weist anhand von bislang unbekannten Dokumenten nach, dass viele Elemente des Nationalsozialismus aus Bestrebungen hervorgingen, die in den USA bereits seit der Wende zum Zwanzigsten Jahrhunderts Mainstream waren:
z.B. die Ideologie der nordischen Herrenrasse oder die Eliminierung Minderwertiger."

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurden in vielen Staaten der USA Gesetze zur Sterilisierung oder Kastration Minderwertiger" in Kraft gesetzt.
Und nicht nur das:
im Jahre 1914 erarbeiteten US-Regierung, angesehene Stiftungen wie Carnegie oder Rockefeller, sowie die besten Wissenschaftler amerikanischer Universitäten ein detailliertes Rassenaufartungsprogramm nicht nur für die USA, sondern für die gesamte Menschheit.

Nach diesem Plan sollten bis zum Jahre 1985 allein in den USA 45 Millionen Minderwertige" eliminiert" werden. Adolf Hitler hat dieses Programm in Mein Kampf" mit Eifer propagiert. Hitler hat auch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er den US-Amerikanern Henry Ford, Madison Grant und Lothrop Stoddard entscheidende Anregungen verdankte.


- - - -

KenFM im Gespräch mit: Hermann Ploppa („Hitlers amerikanische Lehrer“)



„Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“
Dieser Satz steht unsichtbar über jedem Imperium. Die Botschaft ist eindeutig. Wer sich fügt, kann als Vasall ein mehr oder weniger passables Leben führen. Er kann als „Haussklave 2.0“ sogar eigene Ideen in die Machtpyramide einbringen. Was er nicht kann, ist Ansprüche stellen oder sich zu der Frage aufschwingen, wann denn mit dem Ende der Knechtschaft zu rechnen sei.
NIE!
„Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“, bedeutet aber auch, dass das Imperium alles dafür tun muss, dass etwaige Alternativen gar nicht erst entstehen. Teile und Herrsche ist daher oberste Maxime eines Imperiums, will es ab einer bestimmten Größe stabil bleiben. Das erkannten die Römer, das Britische Empire und seit Ende des ersten Weltkrieges die USA.
Der Feind der USA war seit der Russischen Revolution vor allem der Großraum Eurasien. Hier waren die Kommunisten im Vormarsch. Wer sich die Landkarte ansieht, muss erkennen, dass hier auch der größte Teil der weltweiten Gas- und Ölvorkommen im Boden liegen. Wer über diese Bodenschätze die Kontrolle gewinnt, würde die Welt beherrschen, erkannte die Seemacht Großbritannien schon früh und entwarf daher die Herzlandtheorie, welche von den Strategen der USA schon deutlich vor dem ersten Weltkrieg als richtig erkannt wurde. USA und England sind beide nicht Teil der eurasischen Landmasse.
Daher muss es ihr Ziel sein, jegliche Allianzen auf diesem gigantischen Kontinent zu verhindern – mit allen Mitteln. Das gab neulich erst George Friedman, der Kopf des US-Think-Tanks Stratfor, offen zu und schob nach, dass diese Politik der Verhinderung vor allem Russland und Deutschland betreffe und dass man in Übersee diese Politik schon seit mehr als 100 Jahren betreibe.
Was bedeute diese Beichte eines US-Strategen im Rückblick auf den Zweiten Weltkrieg? War es reiner Zufall, dass Adolf Hitler von namhaften US-Firmen schon lange vor, aber vor allem auch während des Zweiten Weltkrieges, mit kriegswichtigem Material unterstützt wurde? Nein, das war kein Zufall. Adolf Hitler war ein vom Rassenwahn angetriebener Diktator, aber er hatte es eben auch auf den Hauptfeind des Kapitalismus abgesehen – die Kommunisten in Moskau. Die USA erkannten in Hitler einen nützlichen Idioten, der für sie die geopolitische Drecksarbeit machen würde. Dass dabei Millionen von Menschen auf grausamste Weise ermordet werden würden, spielte für die Machiavellis in Übersee keine Rolle.
Hitler hatte amerikanische Lehrer und er war, ohne es zu wissen, ein verdammt guter Schüler.
Die Geschichte des zweiten Weltkrieges muss völlig neu geschrieben werden, war eine Schlagzeile, mit der der STERN seinerzeit Aufsehen erregte. Das Hamburger Magazin hatte zuvor die Hitler-Tagebücher veröffentlicht, die sich später als plumpe Fälschung herausstellten.
Dass die Geschichte des zweiten Weltkrieges wirklich neu geschrieben werden müsste, wird spätestens klar, wenn man das Buch von Hermann Ploppa gelesen hat.
„Hitlers amerikanische Lehrer: Die Eliten der USA als Geburtshelfer der Nazi-Bewegung“
KenFM traf den Autor, um mit ihm über geschichtliche Fakten zu sprechen, die bis heute der breiten Masse nahezu unbekannt sind.
Dafür gibt es einen Grund. Die Geschichte wird von den Siegern geschrieben. Wer das Buch Ploppas liest, muss erkennen, dass der größte Teil der Menschheit nicht zu den Siegern gehört. Wir alle sind die Opfer von morgen, wenn wir nicht erkennen, dass der einzelne für die Elite schlicht ohne Bedeutung ist.
Ploppas Buch ist eine bittere Pille. Wer es liest, hat die Chance, das intrigante Spiel der Macht zu decodieren und so für eine Zukunft zu kämpfen, für die „Humanitäre Kriege“ der Gegenwart eben nicht „alternativlos“ sind.
http://kenfm.v38432.goserver.host/kenfm-media-de/mp3/kenfm-im-gespraech-hermann-ploppa-2016.mp3




Dienstag, 11. Oktober 2016

Arbeiterbewegung - Jahrbuch 15. Jahrgang – Heft 2016/II




Inhaltsverzeichnis:
Jürgen Schmidt: Arbeit und Nicht-Arbeit im „Paradies der Südsee“: Samoa um 1890 bis 1914
Holger Czitrich-Stahl: „Gleiches Recht für alle!“ Die deutsche Sozialdemokratie und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs 1896
Irena Selišnik / Ana Cergol Paradiž / Žiga Koncilija: Frauenproteste in den slowenischsprachigen Regionen Österreich-Ungarns vor dem und im Ersten Weltkrieg
Günter Benser: 25 Jahre Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung e. V.

Zur Geschichte des DGB
Severin Cramm: Im Zeichen der europäischen Integration. Der DGB und die EGKS-Verhandlungen 1950/51
Sascha Kristin Futh: Der DGB entdeckt die Kampagne. Der Kampf um den arbeitsfreien Samstag
Jan Hansen: Schaffen Raketen Arbeitsplätze? Der Streit um die Nachrüstung und die Rüstungskonversion in den Gewerkschaften (um 1979 bis 1983)

Regionales
Wilhelm Döbbelin: Im Zeichen von Terror und Gewalt. Die ersten Wochen der Naziherrschaft im Havelland

Berichte
Dietmar Lange: Die Arbeitsgruppe „Factory Level Analysis: A Methodological Exploration“ auf der ersten Konferenz des European Labour History Network in Turin
Ralf Hoffrogge: „The Old is Dying and the New Cannot Be Born: States, Strategies, Socialisms“. 12. Historical Materialism Conference in London
Maria-Elisabeth Neuhauss: Das Ende der ostdeutschen Bescheidenheit? Konferenz am 27. November 2015 in Dornburg

Buchbesprechungen
Durch Nacht zum Licht? Geschichte der Arbeiterbewegung 1863–2013. Katalog zur Großen Landesausstellung 2013 Baden-Württemberg (Carola Tischler)
Klaus Leesch: „Vorwärts“ in „Die Neue Zeit“. Die sozialdemokratische Presse im langen 19. Jahrhundert (Axel Weipert)
Rolf Geffken: Arbeit und Arbeitskampf im Hafen. Zur Geschichte der Hafenarbeit und der Hafenarbeitergewerkschaft (Ulrich Schröder)
Frank Wolff: Neue Welten in der Neuen Welt. Die transnationale Geschichte des Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes 1897–1947 (Mario Keßler)
Wladislaw Hedeler/Mario Keßler (Hrsg.): Reformen und Reformer im Kommunismus. Für Theodor Bergmann (Horst Klein)
Rosa Luxemburg: Arbeiterrevolution 1905/06. Polnische Texte, hrsg. und übersetzt von Holger Politt (Hartmut Henicke)
Axel Weipert: Die Zweite Revolution. Rätebewegung in Berlin 1919/1920 (Ingo Materna)
Erich Mühsam: Die Einigung des revolutionären Proletariats im Bolschewismus, hrsg., eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von Philippe Kellermann (Torsten Bewernitz)
Roland Pacher: Robert Danneberg. Eine politische Biografie (Thilo Scholle)
Ulla Plener: Kurt Plener. Ein politisches Leben mit dem Sport (Eike Stiller)
Andrej Reder: Dienstreise. Leben und Leiden meiner Eltern in der Sowjetunion 1935 bis 1955 (Wladislaw Hedeler)
Simon Loidl: Eine spürbare Kraft. Österreichische KommunistInnen im US-amerikanischen Exil (1938–1945) (Ronald Friedmann)
Dieter Fricke: „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht“. Verfolgte Abgeordnete der Bremischen Bürgerschaft in biographischen Skizzen (Ulrich Schröder)
Kurt Pätzold: Zweiter Weltkrieg (Herbert Mayer)
Michael Schneider: In der Kriegsgesellschaft. Arbeiter und Arbeiterbewegung 1939 bis 1945 (Ulla Plener)
Erwin Lewin: Das II. ZK-Plenum der KP Albaniens 1944 – Versuch einer Wende in der Politik. Dokumentation (Herbert Mayer)
Melvin J. Lasky: Und alles war still. Deutsches Tagebuch 1945 (Evemarie Badstübner)
Sean A. Forner: German Intellectuals and the Challenge of Democratic Renewal. Culture and Politics after 1945 (Mario Keßler)
Victor Grossman: Crossing the River. Vom Broadway zur Karl-Marx-Allee: Eine Autobiografie (Ronald Friedmann)
Gary Roth: Marxism in a Lost Century. A Biography of Paul Mattick (Sebastian Klauke)
Knud Andresen: Triumpherzählungen. Wie Gewerkschafter über ihre Erinnerungen sprechen (Dietmar Lange)
Günter Benser: Das Urlauberdorf Motzen im Wandel der Zeiten (Siegfried Prokop)
Rolf Apel: Journalistische Skizzen über das kultur- und kommunalpolitische Leben im ersten Jahrzehnt der Deutschen Einheit in Strausberg, hrsg. von Horst Klein und Hans W. Odenthal (Axel Ulrich)


Sonntag, 9. Oktober 2016

Kapitalismuskritik auf der Höhe der Zeit






Klaus Dörre / Hans-Jürgen Urban (Hrsg.)

Kapitalismuskritik auf der Höhe der Zeit

Frank Deppe zum 75. Geburtstag
Supplement der Zeitschrift Sozialismus 10 / 2016
68 Seiten | 2016 | ISBN 978-3-89965-872-9




»Das vorliegende Supplement der Zeitschrift Sozialismus – der Frank Deppe seit mehr als 20 Jahren verbunden ist – sammelt zeitdiagnostische Schlaglichter und analytische Short Cuts von KollegInnen und GenossIn­nen ein, mit denen er über die letzten Jahrzehnte hinweg in Kontakt stand und die sich über die Gelegenheit freuen, ihm auf diesem Weg einige akademische, politische oder persönliche Dinge zurufen zu können.
Uns alle verbindet größter Respekt, Anerkennung, ja Bewunderung für den politischen Intellektuellen Frank Deppe. Er steht wie kaum ein anderer für den Typus eines kritischen Wissenschaftlers, der zu einer seltenen, dafür aber umso wichtigeren Spezies zu werden beginnt. Für ihn ist charakteristisch, dass er sich während seines gesamten akademischen Lebens am Spannungsverhältnis von intellektueller Autonomie und politischem Engagement, vor allem in Verbindung mit dem linken Flügel der Arbeiterbewegung, abgearbeitet hat.«

Inhalt
Hans-Jürgen Urban/Klaus Dörre
Solidarität und Autonomie
Frank Deppe zum 75. Geburtstag

Arbeiterbewegung – Einheitsgewerkschaft – Politisches Mandat

Witich Roßmann
Neoliberale Liquidation gewerkschaftlicher Gegenmacht – vertagt
Detlef Hensche
Gewerkschaftseinheit in unruhigen Zeiten
Forum Gewerkschaften
Der Blick vom Trümmerhaufen
Gewerkschaften in Zeiten rechtspopulistischer Siegeszüge
Georg Fülberth/Jürgen Harrer
Im Tollhaus
Zur Geschichte der deutschen Gewerkschaftsbewegung
Heidi Scharf/Sybille Stamm
Theorie ist der Kompass für die Praxis
Über die Wirkungen linker Intellektueller in den Gewerkschaften

Intellektuelle – Marxismus – Linke
Lothar Peter
Marxistischer Intellektueller
Ulrich Brinkmann
Vom Kopf auf die Füße: Der Systemwechsel 1989 und der Richtungswechsel der Angst
Rainer Rilling
Bubbles of Security statt Revolution?
André Leisewitz/Jürgen Reusch
Subjektiver Faktor – Arbeiterklasse & Linke in der Großen Transformation
Dieter Boris
Notizen zum »Linkspopulismus«

Autoritärer Kapitalismus und Staat
Joachim Bischoff
Vom Leninismus zur Renaissance der Marxschen Staatstheorie
David Salomon
Demokratie und autoritärer Kapitalismus
Leo Meyer
Ein transatlantischer Staatsapparat

Imperialismus – Neue Weltordnung – Europa
Hans-Jürgen Bieling
Die Europäische Union: Chancen der Desintegrationskrise?
Steffen Lehndorff/Klaus Pickshaus
EU-Krise: Eingeständnis von Schwäche als Voraussetzung für Stärke
Ingar Solty
Internationale Politische Ökonomie

 

Samstag, 24. September 2016

Heinz Fischer - Eine Wortmeldung









Eine Wortmeldung
Gebundene Ausgabe
von Heinz Fischer (Autor), Hugo Portisch (Epilog)


Heinz Fischer, geboren am 9. Oktober 1938 in Graz, verabschiedete sich am 8. Juli 2016 mit einer bemerkenswerten Rede nach zwei Amtsperioden von insgesamt zwölf Jahren aus dem Amt des österreichischen Bundespräsidenten.

Nach seinem Jurastudium an der Universität Wien und einer kurzen Gerichtspraxis begann er 1962 im Parlament als Jurist zu arbeiten. 1971 wurde er selbst in den Nationalrat gewählt und gehörte ihm bis 2004 an. Im Kabinett Sinowatz war er von 1983 bis 1987 als Wissenschaftsminister tätig, von 1990 bis 2002 war er Präsident des Österreichischen Nationalrates.

Im Jahr 2004 wurde er zum Bundespräsidenten gewählt und 2010 mit mehr als 79 Prozent der gültigen Stimmen in diesem Amt bestätigt.




Dass es sich für Österreich und für Europa zu kämpfen lohnt, ist Inhalt dieser Wortmeldung. Heinz Fischer kennt Österreich von Grund auf. Er hat das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Entstehung der Zweiten Republik als Kind miterlebt und das Land später mitgestaltet.

Er hat Zerstörung, Krieg und Leid gesehen, aber auch das Wiedererblühen danach. Und er weiß, dass Österreich die Chance und die Wahl hat, voller Selbstvertrauen und Zuversicht voranzuschreiten. Damit das Gute bleibt und das Bessere kommen kann.














Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten



Lückenpresse: Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten
Taschenbuch
von Ulrich Teusch (Autor)


Ulrich Teusch, Prof. Dr., lebt als freier Publizist in Edermünde bei Kassel. Er schreibt Sachbücher und ist Hörfunkautor. Für sein SWR-Feature „Nicht schwindelfrei – Über Lügen in der Politik“ erhielt er 2013 den Roman-Herzog-Medienpreis.
Im Dezember 2015 lief dann sein viel beachtetes Feature im SWR mit dem Titel „Vertrauen ist gut … Die Medien und ihre Kritiker“. Bücher zuletzt: „Die Katastrophengesellschaft: Warum wir aus Schaden nicht klug werden“ und „Jenny Marx: die rote Baronesse“.


Ist die Kritik an die etablierten Medien berechtigt oder Paranoia á la "Lügenpresse“?

Die etablierten Medien stecken in einer massiven Glaubwürdigkeitskrise. Teile des Publikums proben den Aufstand, öffentliche und veröffentlichte Meinung driften auseinander. Nicht nur hierzulande, auch in vielen Ländern geraten die angeblichen Leitmedien unter Beschuss. Stein des Anstoßes sind die Inhalte - Stichwort "Lügenpresse".
Doch sind Lügen wirklich das Problem?

Ulrich Teusch stellt zwei andere, weit gravierendere Faktoren ins Zentrum seiner Analyse: die Unterdrückung wesentlicher Informationen und das Messen mit zweierlei Maß. Beide Defizite sind in unserem Mediensystem strukturell verankert.
Wenn sich daran nichts ändert, wird sich das Siechtum der Mainstreammedien fortsetzen. Und der Journalismus, wie wir ihn kannten, wird bald der Vergangenheit angehören.



Sonntag, 18. September 2016

Redefreiheit: Prinzipien für eine vernetzte Welt




Redefreiheit: Prinzipien für eine vernetzte Welt
Gebundene Ausgabe von Timothy Garton Ash (Autor), Helmut Dierlamm (Übersetzer), & 1 mehr

Noch nie konnten so viele Menschen wie heute ihre Meinung auf der ganzen Welt verbreiten. Internet und Globalisierung haben eine neue Epoche der Redefreiheit möglich gemacht, gleichzeitig provozieren sie neue kulturelle und religiöse Konflikte.
 - Müssen wir rassistische Kommentare auf Facebook hinnehmen?
 - Darf Satire den Propheten Mohammed verhöhnen?
2011 hat Timothy Garton Ash eine Debatte angestoßen, seitdem diskutieren Teilnehmer aus der ganzen Welt die Frage, wie wir in Zukunft vernünftig unsere Standpunkte austauschen, wie wir das Recht auf Redefreiheit genauso wie die Würde Andersdenkender sichern können.
Es ist der Stoff für sein neues Buch: Ein Standardwerk zur Redefreiheit im 21. Jahrhundert.



Der britische Historiker Timothy Garton Ash befasst sich in seinem neuen Buch mit der Meinungsfreiheit in einer vernetzten Welt.

Die Worte "Whistleblower" und "Leaker" wurden in dem hier verwendeten Sinn (auf Englisch) erst in den späten Sechzigerjahren geprägt. Natürlich kann man in der ganzen Menschheitsgeschichte Beispiele für das finden, was heute als
Whistleblowing und Leaking bezeichnet wird.
Im Jahr 1777 schrieb eine Gruppe von Seeleuten auf dem Kriegsschiff Warren, das gegen die Briten für die amerikanische Unabhängigkeit kämpfte, einen Brief an den Kontinentalkongress, in dem sie die Untaten ihres Flottenadmirals aufzählte. Er wurde in der Folge entlassen. Die besonderen Rollen von Whistleblowern und Leakern haben sich freilich erst im letzten halben Jahrhundert herauskristallisiert.

Was ist der Unterschied zwischen den beiden Begriffen? Der Begriff "Whistleblower" ist eindeutig positiv besetzt. Ein Whistleblower sieht in einer Organisation etwas und informiert andere darüber in der Hoffnung, dass der Fehler behoben wird.
Heute gibt es auf der ganzen Welt Gesetze, die Whistleblower ermutigen und angeblich schützen sollen. Wenn jemand einen Missstand in einem Pharmaunternehmen, einer Bank, einem Krankenhaus, einem Gefängnis oder einem Ministerium an die Öffentlichkeit bringt, wird dies als positiv betrachtet. Die US Securities and Exchange Commission, die die amerikanischen
Finanzmärkte reguliert, besitzt sogar ein Büro zur Unterstützung von Whistleblowern. Das Whistleblowing International Network, ein Konsortium von NGOs, das rund um den Erdball Whistleblower unterstützt und zu schützen versucht, schreibt in seinem Blog, dass "Whistleblowing, das Bekanntmachen von Fehlverhalten oder von Risiken zum Wohl der Allgemeinheit, im Kern der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl und dem Bedürfnis, es zu schützen, entspringt".

Der Leaker und seine Tätigkeit werden dagegen meistens eher neutral oder negativ gesehen. Auch er gibt Informationen weiter, die ihre Besitzer geheim halten wollen, und ist in dieser Beziehung nicht vom Whistleblower zu unterscheiden, doch seine Absichten werden oft als weniger edel empfunden.
Gleichgültig, ob die Informationen aus einer Regierungsabteilung, aus einer Partei oder einem Unternehmen durchgestochen werden, der Leak kann immer auch im Interesse der betroffenen Institution liegen. Obwohl die heimliche Weitergabe von Informationen in Politik und Wirtschaft des 21. Jahrhunderts allgegenwärtig ist und viele Journalisten ohne das Phänomen verloren wären, werden dem Leaker selten edle Motive zugeschrieben.
Wendungen wie "die dunklen Künste" werden auf den parteipolitischen Einsatz solcher Informationen angewandt, und manchmal ist Leaking ein Kennzeichen echter Niedertracht.

Sie zahlen einen hohen Preis
Ein gutes Beispiel für den Unterschied zwischen Whistleblower und Leaker ist die Geschichte von Daniel Ellsberg, einem der berühmtesten amerikanischen Whistleblower im Bereich der nationalen Sicherheit.
Ellsberg war ein hochbegabter patriotischer Amerikaner, der den Vietnamkrieg anfangs befürwortete, dann jedoch aufgrund persönlicher Erfahrungen zu einem Gegner des Krieges wurde. Er empörte sich über die schrecklichen Leiden der vietnamesischen Zivilbevölkerung und über die Lügen, die der amerikanischen Öffentlichkeit in Bezug auf die Führung des Krieges aufgetischt wurden. Deshalb gab er einem Bekannten bei der New York Times eine vom Pentagon selbst erstellte Studie weiter, in der die wahren Verluste verzeichnet waren und die Lügen der Regierung über US-amerikanische Politik in Vietnam von 1945 bis 1967 klar zum Ausdruck kamen – eine Studie, die später unter der Bezeichnung Pentagon-Papiere in die Geschichte einging.
Ellsberg selbst hielt diejenigen Teile der Studie zurück, die seiner Ansicht nach die nationale Sicherheit gefährden konnten.
 

Der Unterschied zwischen Leaker und Whistleblower lässt sich deutlich an der Reaktion von Präsident Richard Nixon demonstrieren. Nixons Regierung verklagte zwar Ellsberg und die Zeitungen, die die Papiere veröffentlicht hatten, war sich aber bewusst, dass die Pentagon-Papiere vor allem seinen
Amtsvorgängern aus der Demokratischen Partei schadeten, weil sie die interne Geschichte des Vietnamkriegs nur bis 1967 erzählten. Also entschied er, weiteres für seine politischen Gegner schädliches Material durchsickern zu lassen. "Wenn wir das richtig machen", sagte er, "wird die Demokratische Partei
spurlos verschwinden."
Er betrachtete Ellsberg als das perfekte Objekt für eine öffentliche Kreuzigung: "Ihr wisst, was ein Publikum so richtig wütend macht (...) Herrgott noch mal, die gehen glatt an die Decke (...) wenn sie hinter all diesen Juden her sind." Deshalb entschied er nicht, dass die Leaks gestoppt, sondern dass sie besser gemanagt werden sollten. "Wir müssen", sagte er zu seinen Beratern, "ein Programm zum Durchstechen von Informationen entwickeln." Ellsberg ist also
der archetypische Whistleblower und Nixon der Erz-Leaker.
 
Klar, dass wir mehr edle Whistleblower und weniger ruchlose Leaker brauchen. Doch es gibt ein Problem: Trotz aller ermutigenden Gesetze und versprochenen Schutzmaßnahmen lehrt uns die Geschichte, dass Whistleblower fast immer einübles Schicksal erleiden. Die mächtigen Leute, die sie entlarven, finden fast immer heraus, wer sie sind, und rächen sich. che Historiker Timothy Garton Ash befasst sich in seinem neuen Buch mit der Meinungsfreiheit in einer vernetzten Welt Die Worte "Whistleblower" und "Leaker" wurden in dem hier verwendeten Sinn (auf Englisch) erst in den späten Sechzigerjahren geprägt. Natürlich kann man in der ganzen Menschheitsgeschichte Beispiele für das finden, was heute als Whistleblowing und Leaking bezeichnet wird. Im Jahr 1777 schrieb eine Gruppe von Seeleuten auf dem Kriegsschiff Warren, das gegen die Briten für die amerikanische Unabhängigkeit kämpfte, einen Brief an den Kontinentalkongress, in dem sie die Untaten ihres Flottenadmirals aufzählte. Er wurde in der Folge entlassen. Die besonderen Rollen von Whistleblowern und Leakern haben sich freilich erst im letzten halben Jahrhundert herauskristallisiert. Was ist der Unterschied zwischen den beiden Begriffen? Der Begriff "Whistleblower" ist eindeutig positiv besetzt. Ein Whistleblower sieht in einer Organisation etwas und informiert andere darüber in der Hoffnung, dass der Fehler behoben wird. Heute gibt es auf der ganzen Welt Gesetze, die Whistleblower ermutigen und angeblich schützen sollen. Wenn jemand einen Missstand in einem Pharmaunternehmen, einer Bank, einem Krankenhaus, einem Gefängnis oder einem Ministerium an die Öffentlichkeit bringt, wird dies als positiv betrachtet. Die US Securities and Exchange Commission, die die amerikanischen Finanzmärkte reguliert, besitzt sogar ein Büro zur Unterstützung von Whistleblowern. Das Whistleblowing International Network, ein Konsortium von NGOs, das rund um den Erdball Whistleblower unterstützt und zu schützen versucht, schreibt in seinem Blog, dass "Whistleblowing, das Bekanntmachen von Fehlverhalten oder von Risiken zum Wohl der Allgemeinheit, im Kern der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl und dem Bedürfnis, es zu schützen, entspringt". Der Leaker und seine Tätigkeit werden dagegen meistens eher neutral oder negativ gesehen. Auch er gibt Informationen weiter, die ihre Besitzer geheim halten wollen, und ist in dieser Beziehung nicht vom Whistleblower zu unterscheiden, doch seine Absichten werden oft als weniger edel empfunden. Gleichgültig, ob die Informationen aus einer Regierungsabteilung, aus einer Partei oder einem Unternehmen durchgestochen werden, der Leak kann immer auch im Interesse der betroffenen Institution liegen. Obwohl die heimliche Weitergabe von Informationen in Politik und Wirtschaft des 21. Jahrhunderts allgegenwärtig ist und viele Journalisten ohne das Phänomen verloren wären, werden dem Leaker selten edle Motive zugeschrieben. Wendungen wie "die dunklen Künste" werden auf den parteipolitischen Einsatz solcher Informationen angewandt, und manchmal ist Leaking ein Kennzeichen echter Niedertracht. Sie zahlen einen hohen Preis Ein gutes Beispiel für den Unterschied zwischen Whistleblower und Leaker ist die Geschichte von Daniel Ellsberg, einem der berühmtesten amerikanischen Whistleblower im Bereich der nationalen Sicherheit. Ellsberg war ein hochbegabter patriotischer Amerikaner, der den Vietnamkrieg anfangs befürwortete, dann jedoch aufgrund persönlicher Erfahrungen zu einem Gegner des Krieges wurde. Er empörte sich über die schrecklichen Leiden der vietnamesischen Zivilbevölkerung und über die Lügen, die der amerikanischen Öffentlichkeit in Bezug auf die Führung des Krieges aufgetischt wurden. Deshalb gab er einem Bekannten bei der New York Times eine vom Pentagon selbst erstellte Studie weiter, in der die wahren Verluste verzeichnet waren und die Lügen der Regierung über US-amerikanische Politik in Vietnam von 1945 bis 1967 klar zum Ausdruck kamen – eine Studie, die später unter der Bezeichnung Pentagon-Papiere in die Geschichte einging. Ellsberg selbst hielt diejenigen Teile der Studie zurück, die seiner Ansicht nach die nationale Sicherheit gefährden konnten. Der Unterschied zwischen Leaker und Whistleblower lässt sich deutlich an der Reaktion von Präsident Richard Nixon demonstrieren. Nixons Regierung verklagte zwar Ellsberg und die Zeitungen, die die Papiere veröffentlicht hatten, war sich aber bewusst, dass die Pentagon-Papiere vor allem seinen Amtsvorgängern aus der Demokratischen Partei schadeten, weil sie die interne Geschichte des Vietnamkriegs nur bis 1967 erzählten. Also entschied er, weiteres für seine politischen Gegner schädliches Material durchsickern zu lassen. "Wenn wir das richtig machen", sagte er, "wird die Demokratische Partei spurlos verschwinden." Er betrachtete Ellsberg als das perfekte Objekt für eine öffentliche Kreuzigung: "Ihr wisst, was ein Publikum so richtig wütend macht (...) Herrgott noch mal, die gehen glatt an die Decke (...) wenn sie hinter all diesen Juden her sind." Deshalb entschied er nicht, dass die Leaks gestoppt, sondern dass sie besser gemanagt werden sollten. "Wir müssen", sagte er zu seinen Beratern, "ein Programm zum Durchstechen von Informationen entwickeln." Ellsberg ist also der archetypische Whistleblower und Nixon der Erz-Leaker. Klar, dass wir mehr edle Whistleblower und weniger ruchlose Leaker brauchen. Doch es gibt ein Problem: Trotz aller ermutigenden Gesetze und versprochenen Schutzmaßnahmen lehrt uns die Geschichte, dass Whistleblower fast immer ein übles Schicksal erleiden. Die mächtigen Leute, die sie entlarven, finden fast immer heraus, wer sie sind, und rächen sich. Sie müssen mit ihrer Gesundheit, ihren Finanzen und ihrer Familie für ihre Tat büßen. Ein früherer Sonderberater des amerikanischen Merit Systems Protection Board riet Beamten, nicht zum Whistleblower zu werden, "es sei denn, dass Sie in den Ruhestand gehen können oder über eigenen Reichtum verfügen". "Riskieren Sie nicht Ihren Kopf", sagte er, "denn er wird Ihnen abgerissen." In einer sorgfältigen Studie von C. Fred Alford, die auf ausführlichen Gesprächen mit Whistleblowern beruht, heißt es, dass "fast alle sagen, dass sie es nicht wieder tun würden". Fast alle Whistleblower müssen einen hohen Preis zahlen, insbesondere wenn es um die nationale Sicherheit geht. Der amerikanische Soldat, der die Misshandlung der irakischen Gefangenen im Gefängnis von Abu Ghraib als Erster bekanntmachte, wurde zwar vom amerikanischen Verteidigungsminister öffentlich gelobt. Doch er erhielt Todesdrohungen, sein Haus wurde verwüstet, und seine Nachbarn beschimpften ihn als Verräter. Er und seine Frau mussten den Beruf wechseln, in eine andere Stadt ziehen und "alles tun, außer ihre Identität zu wechseln". Im Fall der Pentagon-Papiere brach der Oberste Gerichtshof zwar seine berühmte Lanze für die Meinungsfreiheit und entschied, dass die New York Times und die Washington Post die Veröffentlichung fortsetzen konnten. Daniel Ellsberg jedoch wurde gemäß dem Espionage Act von 1917 angeklagt und hätte theoretisch zu einer 117-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt werden können. Das Verfahren wurde eingestellt, weil im Auftrag des Weißen Hauses in die Praxis von Ellsbergs Psychiater eingebrochen wurde, um Material zu beschaffen, mit dem man ihn diskreditieren konnte. In der Folge erklärte der Richter sämtliche Klagen für unzulässig, weil dieses "beispiellose" Fehlverhalten der Regierung "die Anklage in diesem Fall unheilbar infiziert" habe. Aber kein Gericht stellte je fest, dass Ellsberg im öffentlichen Interesse oder gemäß dem Buchstaben und dem Geist des Ersten Zusatzartikels gehandelt hatte. Edward Snowden strandete in Moskau, bestimmt nicht dem Ort, wo er gerne sein wollte. Laut der Obama-Administration war die durch seine Enthüllungen ausgelöste Debatte wichtig und lag im öffentlichen Interesse, aber Snowden sollte dennoch gemäß dem Espionage Act von 1917 angeklagt werden. Schon zu diesem Zeitpunkt waren unter der Präsidentschaft Obamas mehr Anklagen nach diesem Spionagegesetz erhoben worden als unter allen vorherigen Präsidentschaften zusammengenommen. "Meiner Ansicht nach ist es gut, wenn die Amerikaner die Dinge wissen, die Snowden und andere enthüllt haben", sagte der frühere Präsident Jimmy Carter der Zeitung USA Today. Dennoch müsse Snowden angeklagt werden, "auch wenn ich nicht der Ansicht bin, dass er als Verräter hingerichtet oder ähnlich extrem bestraft werden sollte". Sehr ermutigend. Gemeinhin lautet der christliche Ansatz: "Liebe den Sünder, aber hasse die Sünde", hier aber lautet das Leitprinzip offenbar: "Liebe die Sünde, aber kreuzige den Sünder." (Timothy Garton Ash, 17.9.2016) - derstandard.at/2000044498417/Riskieren-Sie-nicht-Ihren-KopfDer britische Historiker Timothy Garton Ash befasst sich in seinem neuen Buch mit der Meinungsfreiheit in einer vernetzten Welt Die Worte "Whistleblower" und "Leaker" wurden in dem hier verwendeten Sinn (auf Englisch) erst in den späten Sechzigerjahren geprägt. Natürlich kann man in der ganzen Menschheitsgeschichte Beispiele für das finden, was heute als Whistleblowing und Leaking bezeichnet wird. Im Jahr 1777 schrieb eine Gruppe von Seeleuten auf dem Kriegsschiff Warren, das gegen die Briten für die amerikanische Unabhängigkeit kämpfte, einen Brief an den Kontinentalkongress, in dem sie die Untaten ihres Flottenadmirals aufzählte. Er wurde in der Folge entlassen. Die besonderen Rollen von Whistleblowern und Leakern haben sich freilich erst im letzten halben Jahrhundert herauskristallisiert. Was ist der Unterschied zwischen den beiden Begriffen? Der Begriff "Whistleblower" ist eindeutig positiv besetzt. Ein Whistleblower sieht in einer Organisation etwas und informiert andere darüber in der Hoffnung, dass der Fehler behoben wird. Heute gibt es auf der ganzen Welt Gesetze, die Whistleblower ermutigen und angeblich schützen sollen. Wenn jemand einen Missstand in einem Pharmaunternehmen, einer Bank, einem Krankenhaus, einem Gefängnis oder einem Ministerium an die Öffentlichkeit bringt, wird dies als positiv betrachtet. Die US Securities and Exchange Commission, die die amerikanischen Finanzmärkte reguliert, besitzt sogar ein Büro zur Unterstützung von Whistleblowern. Das Whistleblowing International Network, ein Konsortium von NGOs, das rund um den Erdball Whistleblower unterstützt und zu schützen versucht, schreibt in seinem Blog, dass "Whistleblowing, das Bekanntmachen von Fehlverhalten oder von Risiken zum Wohl der Allgemeinheit, im Kern der Verpflichtung gegenüber dem Gemeinwohl und dem Bedürfnis, es zu schützen, entspringt". Der Leaker und seine Tätigkeit werden dagegen meistens eher neutral oder negativ gesehen. Auch er gibt Informationen weiter, die ihre Besitzer geheim halten wollen, und ist in dieser Beziehung nicht vom Whistleblower zu unterscheiden, doch seine Absichten werden oft als weniger edel empfunden. Gleichgültig, ob die Informationen aus einer Regierungsabteilung, aus einer Partei oder einem Unternehmen durchgestochen werden, der Leak kann immer auch im Interesse der betroffenen Institution liegen. Obwohl die heimliche Weitergabe von Informationen in Politik und Wirtschaft des 21. Jahrhunderts allgegenwärtig ist und viele Journalisten ohne das Phänomen verloren wären, werden dem Leaker selten edle Motive zugeschrieben. Wendungen wie "die dunklen Künste" werden auf den parteipolitischen Einsatz solcher Informationen angewandt, und manchmal ist Leaking ein Kennzeichen echter Niedertracht. Sie zahlen einen hohen Preis Ein gutes Beispiel für den Unterschied zwischen Whistleblower und Leaker ist die Geschichte von Daniel Ellsberg, einem der berühmtesten amerikanischen Whistleblower im Bereich der nationalen Sicherheit. Ellsberg war ein hochbegabter patriotischer Amerikaner, der den Vietnamkrieg anfangs befürwortete, dann jedoch aufgrund persönlicher Erfahrungen zu einem Gegner des Krieges wurde. Er empörte sich über die schrecklichen Leiden der vietnamesischen Zivilbevölkerung und über die Lügen, die der amerikanischen Öffentlichkeit in Bezug auf die Führung des Krieges aufgetischt wurden. Deshalb gab er einem Bekannten bei der New York Times eine vom Pentagon selbst erstellte Studie weiter, in der die wahren Verluste verzeichnet waren und die Lügen der Regierung über US-amerikanische Politik in Vietnam von 1945 bis 1967 klar zum Ausdruck kamen – eine Studie, die später unter der Bezeichnung Pentagon-Papiere in die Geschichte einging. Ellsberg selbst hielt diejenigen Teile der Studie zurück, die seiner Ansicht nach die nationale Sicherheit gefährden konnten. Der Unterschied zwischen Leaker und Whistleblower lässt sich deutlich an der Reaktion von Präsident Richard Nixon demonstrieren. Nixons Regierung verklagte zwar Ellsberg und die Zeitungen, die die Papiere veröffentlicht hatten, war sich aber bewusst, dass die Pentagon-Papiere vor allem seinen Amtsvorgängern aus der Demokratischen Partei schadeten, weil sie die interne Geschichte des Vietnamkriegs nur bis 1967 erzählten. Also entschied er, weiteres für seine politischen Gegner schädliches Material durchsickern zu lassen. "Wenn wir das richtig machen", sagte er, "wird die Demokratische Partei spurlos verschwinden." Er betrachtete Ellsberg als das perfekte Objekt für eine öffentliche Kreuzigung: "Ihr wisst, was ein Publikum so richtig wütend macht (...) Herrgott noch mal, die gehen glatt an die Decke (...) wenn sie hinter all diesen Juden her sind." Deshalb entschied er nicht, dass die Leaks gestoppt, sondern dass sie besser gemanagt werden sollten. "Wir müssen", sagte er zu seinen Beratern, "ein Programm zum Durchstechen von Informationen entwickeln." Ellsberg ist also der archetypische Whistleblower und Nixon der Erz-Leaker. Klar, dass wir mehr edle Whistleblower und weniger ruchlose Leaker brauchen. Doch es gibt ein Problem: Trotz aller ermutigenden Gesetze und versprochenen Schutzmaßnahmen lehrt uns die Geschichte, dass Whistleblower fast immer ein übles Schicksal erleiden. Die mächtigen Leute, die sie entlarven, finden fast immer heraus, wer sie sind, und rächen sich. Sie müssen mit ihrer Gesundheit, ihren Finanzen und ihrer Familie für ihre Tat büßen. Ein früherer Sonderberater des amerikanischen Merit Systems Protection Board riet Beamten, nicht zum Whistleblower zu werden, "es sei denn, dass Sie in den Ruhestand gehen können oder über eigenen Reichtum verfügen". "Riskieren Sie nicht Ihren Kopf", sagte er, "denn er wird Ihnen abgerissen." In einer sorgfältigen Studie von C. Fred Alford, die auf ausführlichen Gesprächen mit Whistleblowern beruht, heißt es, dass "fast alle sagen, dass sie es nicht wieder tun würden". Fast alle Whistleblower müssen einen hohen Preis zahlen, insbesondere wenn es um die nationale Sicherheit geht. Der amerikanische Soldat, der die Misshandlung der irakischen Gefangenen im Gefängnis von Abu Ghraib als Erster bekanntmachte, wurde zwar vom amerikanischen Verteidigungsminister öffentlich gelobt. Doch er erhielt Todesdrohungen, sein Haus wurde verwüstet, und seine Nachbarn beschimpften ihn als Verräter. Er und seine Frau mussten den Beruf wechseln, in eine andere Stadt ziehen und "alles tun, außer ihre Identität zu wechseln". Im Fall der Pentagon-Papiere brach der Oberste Gerichtshof zwar seine berühmte Lanze für die Meinungsfreiheit und entschied, dass die New York Times und die Washington Post die Veröffentlichung fortsetzen konnten. Daniel Ellsberg jedoch wurde gemäß dem Espionage Act von 1917 angeklagt und hätte theoretisch zu einer 117-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt werden können. Das Verfahren wurde eingestellt, weil im Auftrag des Weißen Hauses in die Praxis von Ellsbergs Psychiater eingebrochen wurde, um Material zu beschaffen, mit dem man ihn diskreditieren konnte. In der Folge erklärte der Richter sämtliche Klagen für unzulässig, weil dieses "beispiellose" Fehlverhalten der Regierung "die Anklage in diesem Fall unheilbar infiziert" habe. Aber kein Gericht stellte je fest, dass Ellsberg im öffentlichen Interesse oder gemäß dem Buchstaben und dem Geist des Ersten Zusatzartikels gehandelt hatte. Edward Snowden strandete in Moskau, bestimmt nicht dem Ort, wo er gerne sein wollte. Laut der Obama-Administration war die durch seine Enthüllungen ausgelöste Debatte wichtig und lag im öffentlichen Interesse, aber Snowden sollte dennoch gemäß dem Espionage Act von 1917 angeklagt werden. Schon zu diesem Zeitpunkt waren unter der Präsidentschaft Obamas mehr Anklagen nach diesem Spionagegesetz erhoben worden als unter allen vorherigen Präsidentschaften zusammengenommen. "Meiner Ansicht nach ist es gut, wenn die Amerikaner die Dinge wissen, die Snowden und andere enthüllt haben", sagte der frühere Präsident Jimmy Carter der Zeitung USA Today. Dennoch müsse Snowden angeklagt werden, "auch wenn ich nicht der Ansicht bin, dass er als Verräter hingerichtet oder ähnlich extrem bestraft werden sollte". Sehr ermutigend. Gemeinhin lautet der christliche Ansatz: "Liebe den Sünder, aber hasse die Sünde", hier aber lautet das Leitprinzip offenbar: "Liebe die Sünde, aber kreuzige den Sünder." (Timothy Garton Ash, 17.9.2016) - derstandard.at/2000044498417/Riskieren-Sie-nicht-Ihren-Kopf
Sie müssen mit ihrer Gesundheit, ihren Finanzen und ihrer Familie für ihre Tat büßen. Ein früherer Sonderberater des amerikanischen Merit Systems Protection Board riet Beamten, nicht zum Whistleblower zu werden, "es sei denn, dass Sie in den Ruhestand gehen können oder über eigenen Reichtum verfügen". "Riskieren Sie nicht Ihren Kopf", sagte er, "denn er wird Ihnen abgerissen." In einer sorgfältigen Studie von C. Fred Alford, die auf ausführlichen Gesprächen mit Whistleblowern beruht, heißt es, dass "fast alle sagen, dass sie es nicht wieder tun würden".

Fast alle Whistleblower müssen einen hohen Preis zahlen, insbesondere wenn es um die nationale Sicherheit geht. Der amerikanische Soldat, der die Misshandlung der irakischen Gefangenen im Gefängnis von Abu Ghraib als Erster
bekanntmachte, wurde zwar vom amerikanischen Verteidigungsminister öffentlich gelobt. Doch er erhielt Todesdrohungen, sein Haus wurde verwüstet, und seine Nachbarn beschimpften ihn als Verräter. Er und seine Frau mussten den Beruf wechseln, in eine andere Stadt ziehen und "alles tun, außer ihre Identität zu wechseln".
Im Fall der
Pentagon-Papiere brach der Oberste Gerichtshof zwar seine
berühmte Lanze für die Meinungsfreiheit und entschied, dass die New York Times und die Washington Post die Veröffentlichung fortsetzen konnten. Daniel Ellsberg jedoch wurde gemäß dem Espionage Act von 1917 angeklagt und hätte
theoretisch zu einer 117-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt werden können. Das Verfahren wurde eingestellt, weil im Auftrag des Weißen Hauses in die Praxis von Ellsbergs Psychiater eingebrochen wurde, um Material zu beschaffen, mit
dem man ihn diskreditieren konnte. 

In der Folge erklärte der
Richter sämtliche Klagen für unzulässig, weil dieses
"beispiellose" Fehlverhalten der Regierung "die Anklage in diesem Fall unheilbar infiziert" habe. Aber kein Gericht stellte je fest, dass Ellsberg im öffentlichen Interesse oder gemäß dem Buchstaben und dem Geist des Ersten Zusatzartikels gehandelt hatte.

Edward Snowden strandete in Moskau, bestimmt nicht dem Ort, wo er gerne sein wollte. Laut der Obama-Administration war die durch seine Enthüllungen ausgelöste Debatte wichtig und lag im öffentlichen Interesse, aber Snowden sollte dennoch gemäß dem Espionage Act von 1917 angeklagt werden. Schon zu
diesem Zeitpunkt waren unter der Präsidentschaft Obamas mehr Anklagen nach diesem Spionagegesetz erhoben worden als unter allen vorherigen Präsidentschaften zusammengenommen. "Meiner Ansicht nach ist es gut, wenn
die Amerikaner die Dinge wissen, die Snowden und andere enthüllt haben", sagte der frühere Präsident Jimmy Carter der Zeitung USA Today. Dennoch müsse Snowden angeklagt werden, "auch wenn ich nicht der Ansicht bin, dass er als Verräter hingerichtet oder ähnlich extrem bestraft werden sollte".
Sehr ermutigend. Gemeinhin lautet der christliche Ansatz: "Liebe den Sünder, aber hasse die Sünde", hier aber lautet das Leitprinzip offenbar: "Liebe die Sünde, aber kreuzige den Sünder." 


(Timothy Garton Ash, 17.9.2016)
Timothy Garton Ash ist britischer Historiker und Schriftsteller. Sein neues Buch "Redefreiheit". (€ 28,80 / 736 Seiten, Hanser-Verlag, München, 2016) präsentiert er am 25.10. um 18.30 Uhr im Wien Museum.



Freitag, 2. September 2016

Ein Blick hinter die Kulissen des Zinssystems



Das kapitalistische Manifest:
Ein Blick hinter die Kulissen des Zinssystems

Taschenbuch
von Matthäus Thun-Hohenstein (Autor)
 

Der Autor schreibt als Vorstandsdirektor einer internationalen Bank über die Zinsen. Jedes Zinssystem führt unweigerlich zu politischem und sehr realem Feudalismus – behauptet Matthäus Thun-Hohenstein. Dem Zinskapitalismus stellt er ein einfaches und funktionstüchtiges Modell auf der Basis einer echten Marktwirtschaft entgegen, das nebenbei auch einen breiten Mittelstand ermöglicht.

Nur die USA, sagt er, können die Welt vor dem mit naturwissenschaftlicher Unausweichlichkeit kommenden Feudalismus retten – oder selbst zu einem brutal-kalten Feudalstaat werden. In Wahrheit hat in den Vereinigten Staaten dieser Bürgerkrieg der „good old USA“ gegen die „Feudalkapitalisten“ bereits begonnen – und Thun-Hohenstein ruft auch in Europa die „Zinssklaven“ zum Aufstand gegen ihre „Feudalherren“ auf. Als glühender und begeisterter Europäer möchte er Europa auf der Basis der christlich-abendländischen Staats-Idee einen. Aber an der gegenwärtigen Europäischen Union verzweifelt er: „Das Zentralkomitee ist von Moskau nach Brüssel übersiedelt“, schreibt er und sieht in der EU eine Diktatur in Entwicklung.

Thun-Hohenstein präsentiert seine Analysen aber nicht in trocken-wissenschaftlicher Form, sondern als Streitgespräch verschiedener realer und fiktiver Persönlichkeiten, die als Verkörperung der unterschiedlichen Denk- und Wirtschaftsweisen auftreten oder als Philosophen wie politische Praktiker selbst an dem einen oder anderen System gebastelt haben: von Machiavelli über Al Capone bis zu Onkel Dagobert und von Ronald Reagan über Franz Josef Strauß bis zu Che Guevara




Sonntag, 7. August 2016

Die enthemmte Mitte




 

Die enthemmte Mitte:
Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland / Die Leipziger Mitte-Studie 2016 (Forschung psychosozial)
Taschenbuch von Oliver Decker (Herausgeber, Mitwirkende), Johannes Kiess (Herausgeber, Mitwirkende), Elmar Brähler (Herausgeber, Mitwirkende), & 12 mehr

Seit 2002 untersucht die Leipziger Arbeitsgruppe um Brähler und Decker die rechtsextreme Einstellung in Deutschland. Die gewonnenen Daten und sozialpsychologischen Analysen der »Mitte«-Studien der Universität Leipzig sind zur bundesweiten Grundlage der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus geworden.

Die rechtsextreme Einstellung ist kein Randphänomen. Insbesondere autoritäre Aggressionen gegen MigrantInnen sind weit verbreitet. Die globale Wanderungsbewegung stellt die Bundesrepublik deshalb zunehmend vor besondere Herausforderungen. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass antidemokratische Ideologien seit einigen Jahren verstärkt artikuliert werden und sich das politische Klima in der Bundesrepublik verschiebt. Im Langzeitverlauf lassen sich so verschiedene politische Milieus, ihre Polarisierung und der Legitimationsverlust demokratischer Institutionen beschreiben.

. . .

2016 befürworteten fünf Prozent der Befragten eine rechtsautoritäre Diktatur. Chauvinismus
wurde von 17 Prozent der Befragten, Ausländerfeindlichkeit von 20 Prozent geteilt. Antisemitisch antworteten fünf Prozent der Befragten und sozialdarwinistisch drei Prozent. Die Verharmlosung des Nationalsozialismus erhielt zwei Prozent Zustimmung.
Die Zustimmung zu einzelnen Aussagen innerhalb der Dimensionen ist mitunter jedoch deutlich höher.

Die Anzahl der Menschen mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild, die also durchschnittlich alle 18 Aussagen des Fragebogens befürworten, ist im Vergleich zu den Vorjahren gesunken.
2016 traf dies auf 5,4 Prozent der Befragten zu. Im Jahr 2014 lag dieser Wert bei 5,7 und in den Vorjahren relativ stabil bei acht bis neun Prozent. Neben der rechtsextremen Einstellung wurden weitere Aspekte untersucht, unter anderem Islamfeindschaft, Antiziganismus sowie die Abwertung von AsylbewerberInnen.
Dazu wurden die Instrumente benutzt, die Wilhelm Heitmeyer von der Universität Bielefeld und seine KollegInnen in ihren Studien zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit entwickelt haben.
Und hier ist in allen Bereichen ein Anstieg im Vergleich zu 2014 zu verzeichnen. So gab die Hälfte der Befragten an, sich durch «die vielen Muslime hier» manchmal «wie ein Fremder im eigenen Land» zu fühlen; 2014 hatten dies nur 37 Prozent bejaht. 58 Prozent der Befragten gaben 2016 an, dass sie ein Problem damit hätten, wenn sich Sinti und Roma
in ihrer Gegend aufhielten.
Die größte Abwertung zeigten die Befragten gegenüber AsylbewerberInnen. 81 Prozent widersprachen der Aussage, der Staat solle bei der Prüfung von Asylanträgen
großzügig sein. 2014 lag dieser Wert bei 76 Prozent.

Während «klassische» Themen der rechtsextremen Einstellung (Antisemitismus, Verharmlosung des Nationalsozialismus) also weniger Zustimmung erhalten, rücken neue Themen in den Fokus autoritärer Aggression. Dies trifft vor allem AsylbewerberInnen,
Muslime und Sinti und Roma. Es zeigt sich, dass autoritäre und ausgrenzende Einstellungen nicht verschwunden sind, sondern sich entsprechend veränderter sozialer Normen anders artikulieren.

Aufschlussreich ist hier die vergleichende Analyse politischer Milieus der Jahre 2006 und 2016. Hierfür wurden in der aktuellen Leipziger «Mitte-Studie» Gruppen gebildet, die jeweils
ähnlich geantwortet haben.
Es ergaben sich drei antidemokratische Milieus (Latent antisemitisch-autoritäres Milieu,
Ethnozentrisch-autoritäres Milieu, Rebellisch-autoritäres Milieu), ein vorurteilsgebundenes Milieu mit relativer Akzeptanz des bestehenden Systems (Ressentimentgeladenes Milieu) und zwei demokratische Milieus (Modernes Milieu und Konformes Milieu).

Der Vergleich der politischen Milieus 2006 und 2016 zeigt, dass die vorurteilsgebundenen und antidemokratischen Milieus in den letzten zehn Jahren abgenommen haben. Während 2006 noch 73 Prozent der Bevölkerung (latent) antidemokratischen Milieus zuzurechnen waren, sind es 2016 nur noch 40 Prozent.
Gleichzeitig ist aber eine gesellschaftliche Polarisierung und, für die antidemokratischen Milieus, eine gewaltvolle Radikalisierung erkennbar. Während die modernen Milieus 2016 Gewalt stärker ablehnen und die Legitimation des politischen Systems höher einschätzen, hat sich das Rebellisch-autoritäre Milieu deutlich radikalisiert. Die Gewaltbereitschaft ist hier gestiegen und die Legitimation des politischen Systems hat abgenommen.

In den demokratischen Milieus zeigt sich die oben beschriebene soziale Normverschiebung deutlich: Rechtsextreme Einstellungen werden zwar abgelehnt, bestimmte Gruppen aber abgewertet.
So antworten beispielsweise 28 Prozent der Befragten des Modernen Milieus antiziganistisch und über die Hälfte der Angehörigen des Konformen Milieus islamfeindlich. Die Abwertung bestimmter Gruppen ist weiter gesellschaftsfähig geworden.

Die Leipziger «Mitte-Studie» 2016 zeigt also eine Verschiebung:
Die Zustimmung zur rechtsextremen Einstellung ist zurückgegangen und die relative Größe der demokratischen Milieus hat zugenommen Doch zugleich ist die Zustimmung zu gruppenbezogenen Abwertungen, auch in den demokratischen Milieus, gewachsen.


Im Vergleich zur Studie von 2012 fällt auf, dass die Parteizugehörigkeit nicht mehr nach Ost und West aufgeschlüsselt wird und sich "rechtsextreme" Einstellungen nicht nur bei eher linken Parteien, sondern generell bei den Volksparteien finden. Die Präsentation zur Pressekonferenz zeigt, dass viele Wähler (u. a. von deren früheren Hochburg SPD) zur AfD gewandert sind, wobei die SPD im Bundestag die Partei mit den meisten "rechtsextremen" Wählern bleibt. Auch die Gewerkschaften sind weiterhin "rechtsextremer" als der Rest der Bevölkerung.

Mit Beiträgen von Elmar Brähler, Anna Brausam, Oliver Decker, Eva Eggers, Jörg M. Fegert, Alexander Häusler, Johannes Kiess, Kati Lang, Thomas Mense, Paul L. Plener, Timo Reinfrank, Jan Schedler, Frank Schubert, Gregor Wiedemann und Alexander Yendell