Sonntag, 8. April 2012

Das wollte 1968 der »Prager Frühling


Das wollte 1968 der »Prager Frühling -

Wilfried Heidt -
I. Achberger JahresKongress »Dritter Weg«



Wilfried Heidt: Die Gesellschaft mit dem Antlitz des Menschen: Das wollte 1968 der »Prager Frühling« -
Eine Erinnerung an den ersten Achberger Jahres-Kongress Dritter Weg 1973: »An der Schwelle einer Neuen Gesellschaft: Prager Frühling 1968 – Idee – Tragik – Aufgabe«.






Zum Geleit

1. Das vorliegende Dokument Das wollte 1968 der »Prager Frühling« ist – für die Prager Tagung »Die Seele Europas: An der Schwelle einer neuen Gesellschaft« der Sektion für Sozialwissenschaften am Goetheanum/Dornach [vom 21. – 24.8.2008] – die Neuauflage eines Textes, mit dem das Internationale Kulturzentrum Achberg 1973 zu seinem ersten »Jahreskongress« eingeladen hatte. In den folgenden Jahren fanden – mit Unterbrechungen – diese Veranstaltungen bis heute statt und werden hoffentlich auch künftig stattfinden. Ihre Aufgabe wurde beim Start der Initiative so beschrieben: »Die Kongresse sollen ein ständiger Ort sein für die Begegnung von Menschen, um gemeinsam an den Fragen einer gesellschaftlichen Alternative zu den bestehenden Systemen zu arbeiten.«

2. Seit 1968 waren erst fünf Jahre vergangen. In der Mitte dieser Zeit konnte – als eine Frucht der Bewegungen um »1968« – das Achberger Zentrum gegründet werden. Es entstand aus der Initiative eines kleinen Kreises anthroposophisch engagierter Freunde, die – inspiriert durch den Impuls der »Dreigliederung des sozialen Organismus«, wie ihn Rudolf Steiner zwischen 1917 und 1923 ins Zeitgeschehen tatkräftig hineingestellt hatte aber für den historischen Durchbruch dieses Impulses auf allen Seiten viel zu wenig Unterstützung fand – ab 1966 mit eigenen Aktivitäten am damaligen Aufbegehren der jungen Generation in Mittel- und Westeuropa beteiligt waren.

3. Auch für sie, wie wahrscheinlich für alle in der damaligen Zeit, überraschend, entstand – das konnte man dann bei genauerem Hinsehen in Erfahrung bringen – aus einer 1963 beginnenden Vorgeschichte ab Januar 1968 in der CSSR jene Entwicklung eines gesamtgesellschaftlichen »Umbruchs«, die dann unter dem Namen »Prager Frühling« den bis dahin stalinistischen Kommunismus sowjetischer Prägung »revolutionieren«, zu einem »dritten Weg« umgestalten wollte.

4. Die Richtung dieser Transformation wurde mit den Ideen Freiheit, Demokratie und Sozialismus beschrieben. Für den erwähnten kleinen Kreis von Anthroposophen war das das entscheidende michaelische Signal, auf Einladung des Prager Philosophen Karel Kosík Ende Mai 1968 nach Prag aufzubrechen, um vor Ort die neue Bewegung zu studieren. Denn sie wussten aus dem Werk Steiners, dass er die von ihm vertretene Alternative zu Kapitalismus und Kommunismus, also die »Dreigliederung des sozialen Organismus«, auch mit dieser Trias beschrieben hatte [s. Rückseite des vorliegenden Heftes]. Und die Erfahrungen in Prag bestätigten, dass die dort in Gang gekommene Entwicklung in der Tat – ohne Kenntnis des Steinerschen Denkens und Wirkens – praktisch die Richtung zur »Dreigliederung« eingeschlagen hatte.

5. Nachdem dann die weltmachtpolitischen Konstellationen jener Zeit des Ost-West-Konflikts zu den bekannten Ereignissen der Niederschlagung des »Prager Frühlings« geführt hatten und auch die Jugendbewegungen in den westlichen Ländern auseinanderdrifteten und sich in endlosem ideologischem Gezänk verstrickten, nahmen die anthroposophisch orientierten Freunde alle ihre Kräfte und Mittel zusammen und gründeten zur Jahreswende 1971/72, um die begonnene Arbeit von einem gemeinsamen Ort aus weiterführen zu können, das Internationale Kulturzentrum Achberg. Sie nahmen sofort den Kontakt zu all denen auf, die als Repräsentanten des »Prager Frühlings« 1968 in der CSSR als Politiker, Wissenschaftler, Künstler usw. gewirkt hatten und in den Westen emigriert waren. Und alle, die wir einluden, beteiligten sich mit vielen andern Menschen der verschiedensten Denkrichtungen – 1973 waren mehr als 500 Teilnehmer aus mehr als einem Dutzend Ländern gekommen – am Kongress, wirkten danach an zahlreichen Projekten mit und blieben uns zeitlebens befreundet. – Über die Achberger Arbeit kann man sich bei den auf der Rückseite des Heftes angegebenen Adressen informieren.

Achberg, 31. Juli 2008
Wilfried Heidt

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