Montag, 8. Juni 2015

Der Tod im Reisfeld: Dreißig Jahre Krieg in Indochina





Der Tod im Reisfeld: Dreißig Jahre Krieg in IndochinaTaschenbuch – voPeter Scholl-Latour  (Autor)

Er war einer der Großen des deutschen Journalismus. Zahlreiche Superlative gelten für ihn: der Älteste mit über sechzig Jahren Berufserfahrung als Reporter und Chronist des Weltgeschehens; der Weitestgereiste, der seinen Fuß in sämtliche Länder der Erde gesetzt hat; der Kundigste, der die Kulturen der Welt kannte wie kein Zweiter; der Erfahrenste, der die Kriege und Bürgerkriege unserer Zeit von Algerien über Vietnam bis zum Irak und Afghanistan aus nächster Nähe kennengelernt hat; der Erfolgreichste, dessen TV-Sendungen höchste Einschaltquoten erreichten und dessen Bücher allesamt Bestseller waren.

Aber er war mehr als all das. Mit seiner unbändigen Reiselust bis ins hohe Alter, mit seiner Neugier auf die Kulturen, Religionen und Völker der Welt, mit seinem tiefen Verständnis für die Riten, Sitten und Gebräuche fremder Kulturen war er einer der großen Reiseschriftsteller unserer Zeit, eine geglückte Mischung aus Marco Polo und Ernest Hemingway. Mit seinen Reportagen, Filmen und Büchern hat er den Deutschen die Welt nahegebracht, mit seiner Unabhängigkeit im Urteil, seiner geopolitischen Scharfsicht und seiner Ablehnung der missionarischen Hybris des Westens gegenüber dem Rest der Welt hat er vielen Deutschen aus dem Herzen gesprochen.

Der Propyläen Verlag verdankt ihm neun großartige Bücher. Die Arbeit an einem weiteren, das die aktuellen Krisenherde im Nahen Osten und in der Ukraine in den Blick nimmt, konnte er noch abschließen. Der Titel: "Der Fluch der bösen Tat. Das Scheitern des Westens im Orient". Am 16. August ist Peter Scholl-Latour im 91. Lebensjahr in Rhöndorf am Rhein gestorben.
Peter Scholl-Latour kennt Indochina wie kaum ein anderer, er ist mit allen Ländern zwischen dem Golf von Bengalen und dem Golf von Tonking vertraut: Vietnam, Kambodscha, Laos, Thailand, Burma und Singapur. Außerdem kennt er den mächtigen Nachbarn China.

Seit er 1945 an Bord eines französischen Truppentransporters zum ersten Mal dorthin reiste und Augenzeuge der indochinesischen Tragödie wurde, hat er seine Erlebnisse und Erfahrungen zu einer Folge eindrucksvoller Bilder verdichtet. Eine Reportage höchsten Ranges, erfüllt von scharf umrissenen, ungeheuer lebendigen Figuren, bewegt von der Turbulenz der Ereignisse. "Ein Abenteuerbuch, das zugleich ein Lehrbuch für angewandte Politik ist." Frankfurter Allgemeine Zeitung "Das ist das beste deutsche Indochina-Buch." Süddeutsche Zeitung

1 Kommentar:

  1. Peter Scholl-Latour ist – was Fernsehreportagen aus aller Herren Länder und besonders Indochina anbetrifft – legendär. So ist auch das Anfang der 1980ziger Jahre in Deutschland erschienene Buch „Der Tod im Reisfeld“ heute ein echter Klassiker.
    Ich kann mich an die Zeit erinnern, als nahezu täglich der Tagesschau-Sprecher Karl-Heinz Köpcke Meldungen von „Kämpfen im zentralen Hochland zwischen nord- und südvietnamesischen Truppen“ verlas und der Vietnamkrieg in den damaligen Nachrichten nahezu allgegenwärtig war. Folgerichtig musste man das Buch damals bei Erscheinen der ersten gebundenen Ausgabe gelesen haben und auch jetzt – über 30 Jahre später - liest sich die neue Taschenbuchausgabe immer noch wie ein großes Abenteuerbuch.

    Wenn vom Berichtsstil her Scholl-Latour auch an einigen Stellen den europäischen Herrenmenschen herauskehrt, liest sich das Buch immer noch hochspannend. Und aus der Tatsache heraus , dass er nahezu von Beginn an dabei war als nach der Niederlage der Japaner in Asien die einzelnen Staaten begannen, sich aus der Kolonialherrschaft zu befreien, bekommt man einen umfassenden Überblick über das Zeitgeschehen und die Brutalität, mit der alle Mächte versucht haben, entweder den Status quo ante wieder herzustellen oder eine geographische Ordnung nach der jeweiligen Vorstellung der eigenen Großmachtrolle aufzubauen.

    Die schiere Anzahl der Personen, denen Scholl-Latour begegnet, die er interviewt, die ihn als Mittelsmänner über Grenzen schleusen, ihm für Interviews zur Verfügung stehen oder ihn gefangen nehmen sind Legion. Umso erstaunlicher ist es, dass er alles aus der Erinnerung verfasst. Der Stil ist wie gesagt manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, da Scholl-Latour – obwohl nach eigener Aussage seine große Liebe Indochina gilt - nie ganz den frankophilen, an kolonial geprägte Privilegien gewöhnten europäischen Beobachter ablegen kann.

    Auch glaube ich, dass nicht alle seiner Schlüsse und Interpretationen vor Hintergrund der Erkenntnisse neuerer Geschichtsforschung aufrechtgehalten werden können.
    Nichts desto trotz liest sich seine Reportage über 30 Jahre Krieg in Indochina aber nach wie vor spannend und bleibt daher empfehlenswert.
    Von Dr. Stephan Teichmann

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