Dienstag, 7. Juli 2015

Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert





Gescheitert: Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliertGebundene Ausgabe – von Heiner Flassbeck  (Autor)

Heiner Flassbeck (* 12. Dezember 1950 in Birkenfeldist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler. Er war von 1998 bis 1999 beamteter Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen und von Januar 2003 bis Ende 2012 Chef-Volkswirt (Chief of Macroeconomics and Development) bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf, wo er aus Altersgründen ausschied.

Die Antworten aller Parteien in Deutschland auf die drängenden wirtschaftspolitischen Fragen sind kläglich. Die Politiker bieten außerdem in den zentralen Fragen der Wirtschaft und deren Steuerung keine alternativen Lösungen. Stattdessen haben die politisch Handelnden die reine Unternehmerlogik zur Staatsdoktrin erklärt. Das hat zur Folge, dass Politik und Gesellschaft nur noch von Einzelinteressen dominiert werden. Dieses Versagen der gesamten Politik vor der Wirtschaft könnte unsere Demokratie gefährden. Heiner Flassbeck, renommierter Ökonom bei den Vereinten Nationen in Genf (UNCTAD), Exstaatssekretär im Bundesfinanzministerium, zeigt, wie sich die Politik vom reinen Unternehmerdenken emanzipieren muss. Und er führt vor, dass die Parteien mit volkswirtschaftlichen Konzepten konkurrieren müssen, um unsere Gesellschaft zukunftsfähig zu machen.

Neue Konzepte braucht das Land

Nie war es so deutlich wie in der internationalen Finanzkrise: Die Politik versagt vor der Wirtschaft. Dies hat System in Deutschland. Statt überzeugende Konzepte anzubieten, biedern sich alle Parteien ausschließlich der Logik von Unternehmen an. Die Politiker verhaspeln sich in Details, statt konkurrierende Lösungsansätze für die großen Probleme zu entwickeln. Heiner Flassbeck zeigt, wie und warum die Politik vor der Wirtschaft längst kapituliert hat, und fordert eine radikale Umkehr.


Flassbeck: 
Mitte März 2009 erschien das Buch "Gescheitert" , in dem ich anhand der wichtigsten wirtschaftspolitischen Ereignisse der letzten 30 Jahre zeigte, warum und wie die Wirtschaftspolitik in Deutschland so kläglich versagte.
"Gescheitert", so der Titel des Buches, das wieder im Westend Verlag erschien, ist nicht nur die deutsche Vereinigung, gescheitert sind auch der europäische Integrationsprozess und die Globalisierung der Finanzmärkte. Gescheitert ist die Reform des Arbeitsmarktes und der Rentenversicherung. In der grössten wirtschaftlichen Krise seit der Grossen Depression zu Anfang des letzen Jahrhunderts, ist es Zeit zu fragen, warum die deutsche Wirtschaftspolitik - mehr noch als andere - nicht in der Lage war, mit den wirtschaftlichen Herausforderungen angemessen umzugehen.

2 Kommentare:

  1. Flassbeck ist ein Vertreter der – wie er es nennt – „Revolution im ökonomischen Denken“, also des Keynesianismus und auch der Lehren von Josef Schumpeter, Michal Kalecki oder Wilhelm Lautenbach, deren zentrales Moment „die Unsicherheit“ sei. Eine sich selbst überlassene Marktwirtschaft sei nicht stabil, im Gegenteil, sie sei extrem instabil. Sie brauche ständiges Beobachten und aktives Gegensteuern durch einen Staat, der in kritischen Momenten die Lage einschätzen könne und bewusst gegen den Strom schwimme.
    (S. 256) Wolfgang Lieb

    „Mit der Übernahme der herrschenden ökonomischen Lehre, die nichts anderes als simple Unternehmenslogik bietet, bringt sich die Sozialdemokratie um jede Chance und jede Perspektive.
    - Wenn sie regiert, verliert sie ihre Anhänger und Mitglieder, weil die Ergebnisse wirtschaftlich und sozial katastrophal sind.
    - Wenn sie opponiert, hat sie wirtschaftspolitisch keine Alternative zu bieten, muss also auf der Scheitern der Konservativen warten, um denn nach der Regierungsübernahme wieder selbst zu scheitern.
    - Das Ergebnis solchen wechselseitigen Scheiterns gefährdet die Demokratie“ (S. 21)
    So beschreibt Flassbeck den Niedergang der "Sozialdemokratie"!
    . . .
    Mit schlichten Parolen :
    - die Steuern sind zu hoch und zu kompliziert,
    - die Sozialleistungen zu üppig,
    - die Gesundheit zu teuer,
    - die Rente nicht sicher,
    - die Bürokratie lege alles lahm,
    sei das Unternehmerdenken und damit auch die Unternehmerpolitik auf fahrlässige Weise auf die Volkswirtschaft, ja auf die gesamte Gesellschaft übertragen worden. (S. 166) !!!
    . . .
    „Wer den Gürtel enger schnallt, malträtiert nicht nur sich selbst, sondern im gleichen Augenblick auch alle seine Unternehmerkollegen…Sparen und Kostensenkung, die große Wunderwaffe der politischen Laienspieler und Unternehmensberater, ist – aus gesamtwirtschaftlicher Sicht – zwingend ein Rohrkrepierer.“
    (S. 168) !!!

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  2. Der Kapitalismus lebt parasitär. Wie lange noch?!

    Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren - und dies sogar in weltweiter (Fehl-)Verteilung. Wir leben auf Kosten Anderer - in einer Externalisierungsgesellschaft – einer Gesellschaft, die Kosten oder Negatives wegschiebt und auslagert. Und solange es uns gut geht, sieht niemand Änderungsbedarf.

    Problem: Kaum jemand geht es mehr gut! (Soziologe Stephan Lessenich, Autor von "Neben uns die Sintflut", im Standard)
    http://derstandard.at/…/Soziologe-Lessenich-Wir-leben-auf-K…

    "Reicher Mann und armer Mann standen da und sah'n sich an. Und der Arme sagte bleich: Wär' ich nicht arm, wärst du nicht reich." (Bertolt Brecht)

    DAS MÜSSEN WIR ÄNDERN. Zuerst in unseren Köpfen, dann im System und der Gesellschaft. Was Lessenich anspricht, liegt erstens nahe an meiner eigenen Wortwahl und spricht sich zweitens (nicht nur) hierzulande schon längst herum:

    Genau deshalb gibt es Bewegungen, die sich aufgemacht haben, einen Systemwandel herbeizuführen - mit basisdemokratischer Mitbestimmung für jeden, mit einem gerechten Grundeinkommen für alle und ausschließlich humanistisch-sozialen Grundsätzen, welche - weil positive Gesellschaftsänderung nachhaltig und langfristig sein muss - Schule und Bildung revolutionieren und favoritisieren wollen. Ich bin Teil einer solchen Bewegung - sie heißt DemoS (auf griechisch "Das Volk"). https://www.facebook.com/DemoS-1011974852188956/

    Robert Manoutschehri

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