Sonntag, 11. Oktober 2015

Wie die Logik der Finanzmärkte das Wissen bedroht







Die bezifferte Welt:
Wie die Logik der Finanzmärkte das Wissen bedroht

Gebundene Ausgabe – von Colin Crouch  (Autor), 
Frank Jakubzik (Übersetzer)
Colin Crouch, geboren 1944, lehrte bis zu seiner Emeritierung Governance and Public Management an der Warwick Business School. Für sein Buch Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus erhielt Crouch 2012 den Preis »Das politische Buch« der Friedrich-Ebert-Stiftung.


Vom Autor des Spiegel - Bestsellers Postdemokratie
Im Herbst 2014 wurde bekannt, der englische National Health Service wolle in Zukunft jedem Arzt 55 Pfund bezahlen, der bei einem Patienten Demenz diagnostiziert. Die Empörung war groß: Steigt so nicht das Risiko von Fehldiagnosen? Wissen Ärzte nicht auch ohne solche Anreize, was zu tun ist? Das Beispiel zeigt, dass die Logik des Neoliberalismus trotz der großen Krise weiterhin auf dem Vormarsch ist.
Der damit verbundene Wandel betrifft alle Lebensbereiche: Schulen, Krankenhäuser und Polizei werden im Rahmen des großen Zahlenspiels umstrukturiert und dem Diktat der Kennziffern unterworfen; aus Studenten und Fahrgästen sollen Kunden werden, die agieren wie Rechenmaschinen. Auf dem Weg in die »Informationsgesellschaft« bleibt eine zentrale Ressource auf der Strecke: das Wissen selbst.
Colin Crouch zeichnet nach, wie der Neoliberalismus alternative Formen des Wissens und der Expertise korrumpiert. Anders als seine Apologeten behaupten, ist der Markt keine perfekte Wissensmaschine, die aus anonymen Entscheidungen Transparenz herbeizaubert, im Gegenteil: Lässt man die Logik der Finanzmärkte ungehindert operieren, kann sie das Immunsystem unserer Gesellschaften zerstören.

   Pressestimmen

»Einer der scharfsinnigsten Kritiker des Neoliberalismus.«
DIE ZEIT 29.05.2015

»Ein provokantes Werk ... Es wird manch spannende Diskussion anstoßen.«
Björn Finke, Süddeutsche Zeitung 04.09.2015

»Die bezifferte Welt ist ein interessantes, aufschlussreiches Werk mit starkem politischen Einschlag. Es beleuchtet das konfliktträchtige Verhältnis zwischen Neoliberalismus und Wissenschaft aus überraschender Perspektive.«
Hans-Martin Schönherr-Mann, spektrum.de 04.09.2015

»Beeindruckend ist, wie klar, strukturiert und sortiert der Autor seine Überlegungen darlegt. Gleich zu Beginn skizziert er These, Argumentation und Aufbau des Buches, so dass sich der Leser jederzeit in dem durchaus komplexen Gedankenkonstrukt Crouchs zurechtfindet.«
Andreas Kolbe, Deutschlandfunk 07.09.2015

2 Kommentare:

  1. Seine zeitdiagnostische Arbeit zur Postdemokratie und das gleichnamige, 2004 veröffentlichte Buch machten den britischen Politologen Colin Crouch international bekannt. In seinem jüngsten Werk zeigt der 71-Jährige, wie der Neoliberalismus alternative Formen des Wissens korrumpiert.

    Anders als seine Apologeten behaupten, ist der Markt keine perfekte Wissensmaschine, die aus anonymen Entscheidungen Transparenz herbeizaubert, im Gegenteil: Lässt man die Finanzmärkte ungehindert operieren, können sie das Immunsystem unserer Gesellschaften zerstören.

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  2. Dass etwas schief läuft im Öffentlichen Dienst Großbritanniens, daran lässt Colin Crouch von der ersten Zeile seines Buches an keinen Zweifel. Ob im Gesundheitswesen, an den Schulen oder in der öffentlichen Verwaltung: Das sogenannte New Public Management, der Einzug marktwirtschaftlicher Methoden und Strukturen in den öffentlichen Dienst, habe an vielen Stellen zu absurden Entwicklungen geführt. Zum Beispiel bei der Polizei:

    "Die Politik gab der englischen Polizei Erfolgsquoten für die Aufklärung von Autodiebstählen und Einbruchsdelikten vor, weil Untersuchungen gezeigt hatten, dass das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger vor allem durch diese Straftaten beeinträchtigt wurde – weshalb ein Rückgang in diesem Bereich dem Versprechen wirksamer Kriminalitätsbekämpfung besondere Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft verliehen hätte. Nicht zuletzt diese Vorgabe führte jedoch dazu, dass die Polizeibehörden in mehreren englischen Städten den organisierten sexuellen Missbrauch von Kindern ignorierten, da diese Verbrechen für ihre Leistungskennziffern nur eine untergeordnete Rolle spielten."

    Colin Crouch nennt es die Logik der Finanzmärkte: so viele Lebensbereiche wie möglich unter marktwirtschaftlichen Aspekten zu betrachten und sie damit letztlich auf Kennziffern oder Geldwerte zu reduzieren. Das sei die zentrale Losung neoliberaler Politik, die Crouch zufolge derzeit weltweit immer mehr an Anhängern und Einfluss gewinnt.

    Von Andreas Kolbe

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