Mittwoch, 16. Juli 2014

... ein Paragraf wird sich finden !!!






... Ein Paragraf wird sich finden:
Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer (bis 1945) [Taschenbuch]
Barry McLoughlin Josef Vogl Heinz Fischer 

Die Autoren


Barry McLoughlin,
geboren 1949 in Limerick, Irland, studierte Germanistik und Geschichte am University College Dublin (MA 1980). Er promovierte 1990 an der Wiener Universität zum Doktor der Philosophie und habilitierte sich 2001 mit Publikationen zur Geschichte der Kommunistischen Internationale und des Stalinismus. Derzeit ist er Senior Lecturer für die Geschichte Irlands und das Fach Zeitgeschichte am Institut für Geschichte der Universität Wien. Seit 1990 ist er freier Mitarbeiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes.

Josef Vogl,
geboren 1953 in Roiten im Waldviertel (Niederösterreich), studierte Slawistik und Politikwissenschaft in Wien und Leningrad. Nach der Promotion an der Wiener Universität (1982) war er wissenschaftlicher Mitarbeiter des Österreichischen Ost- und Südosteuropa-Instituts in Wien. Nach der Schließung des Instituts Ende 2006 ließ er sich an das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes versetzen. Nebenberuflich ist er seit 2007 geschäftsführender Obmann des Österreichischen Zentrums für russische Sprache und Kultur.

Wem ist bewusst, dass Stalin mehr Schutzbündler umbringen ließ, als in den Februarkämpfen fielen?
Das 
Buch „… Ein Paragraf wird sich finden“ beschreibt die stalinistischen Repressionen vor dem Hintergrund der politischen Entwicklung in der Sowjetunion.

In den 1930er Jahren lebten mehrere tausend ÖsterreicherInnen in der Sowjetunion, ehemalige Kriegsgefangene, die freiwillig geblieben waren,

Arbeitsmigranten, Kommunisten und nach dem Februar 1934 an die 750 Schutzbündler.
Vor allem 
in den Jahren des Großen Terrors 1937/38 und nach dem deutschen

Angriff am 22. Juni 1941 wurden viele verhaftet, gefoltert, zu vielen Jahren im Gulag verurteilt oder erschossen.


Auf 418 von 622 Seiten sind 769 
Kurzbiografien von Abdinghoff Heinrich bis Zuber Ludwig zu lesen. 185 betrafen Schutzbundemigranten.

Die zahlenmäßig größte Opfergruppe sind die 221 Wirtschaftsemigranten. Unter

den erfassten Verhafteten waren 65 Frauen. Meist wurden die Verhafteten mit dem absurden Vorwurf der „Agententätigkeit“ für Österreich, Deutschland oder

fallweise andere Länder konfrontiert, der in keinem einzigen Fall belegt ist. Oft wurde zusätzlich der Vorwurf der „antisowjetischen Agitation“ erhoben, wofür

schon die geringste – praktisch immer gerechtfertigte – Kritik am System ausreichte, wenn sich ein Denunziant fand.

Etwa ein Drittel 
der Verhafteten wurde zum Tode verurteilt und erschossen, mehr als 80 weitere Österreicher kamen in der Haft ums Leben.



1 Kommentar:

  1. Es ist für alle Generationen von Österreicherinnen und Österreichern – und ganz besonders für junge Menschen – wichtig, an die grauenvollen Verluste von Menschlichkeit und Menschenrechten durch verbrecherische Ideologien und brutale Diktaturen im Europa des 20. Jahrhunderts erinnert zu werden.

    In diesem Sinn begrüße ich das Erscheinen der vorliegenden Publikation „Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer“, die eine besonders bewegende Facette einer mörderischen Zeit dokumentiert.
    Der historische Hintergrund der Jahre zwischen 1917 und 1945 in der damaligen Sowjetunion wird von den Autoren detailliert aufgerollt und zeigt, welchen Steigerungen von Gewalt und Willkür, und damit ständigen existenziellen Bedrohungen, die Menschen in dieser Zeit ausgesetzt waren.
    Das totalitäre Regime forderte Millionen Opfer, darunter auch Österreicherinnen und Österreicher. Mit großem Forschungsaufwand und akribischer Suche nach ungeschminkter Wahrheit wurden ihre Schicksale zusammengetragen, und damit vor dem Vergessen bewahrt.

    Ich danke allen, die an der eindrucksvollen, umfassenden Dokumentation mitgearbeitet haben.
    Präzise aufgelistet können die Stationen von Menschen nachvollzogen werden, die aus verschiedenen
    Beweggründen ihre Heimat Österreich verließen und auf ein besseres Leben in der damaligen Sowjetunion
    hofften.
    Sie kamen mit der Hoffnung auf Arbeitsmöglichkeiten, Freiheit, oder auf die Verwirklichung ihrer Ideale. Stattdessen erfuhren allzu viele Verleumdung und Verhaftung, Verhöre und Verzweiflung sowie gnadenlose Behandlung durch Unterdrückung, Lagerhaft und Zwangsarbeit.
    Auch jene, die als Kämpfer für Sozialismus und Kommunismus in die Sowjetunion geflüchtet waren, fanden in Lagern oder durch Hinrichtungen oft einen grausamen Tod. Nur wenige konnten schließlich wieder in ihre alte Heimat zurückkehren.
    Hier in Österreich war man nach dem Ende der Schrecken des Nationalsozialismus und dem Ende des Krieges ab 1945 um die Neuordnung des Landes bemüht. Bei der Suche nach einer neuen politischen Identität entstanden verlässliche Formen der Kooperation und des friedlichen Miteinanders.
    Von diesem stabilen Fundament aus können wir heute die grausamen Verblendungen der Vergangenheit
    rekonstruieren.
    Die Erinnerungen daran sind schmerzlich. Aber wir haben in Europa etwas erreicht, was wir dieser
    verbrecherischen Zeit entgegenstellen können. Unsere Gegenwart und Zukunft wird nicht von Furcht und Gewalt, Hass und Vernichtung bestimmt, sondern von Demokratie und Frieden sowie dem gemeinsamen
    Bemühen um eine gedeihliche Entwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft insgesamt.
    Der Blick in die Geschichte fordert eindringlich dazu auf, an Demokratie und Menschlichkeit, an der Achtung der Menschenrechte und der gewaltfreien Konfliktlösung festzuhalten und deren Aushöhlung – in welcher Form auch immer – nicht zu dulden.
    Nie wieder dürfen wir in politische Verhältnisse zurückfallen, wie sie in den totalitären Regimen des 20. Jahrhunderts herrschten. In diesem Sinn wünsche ich dem „Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer“ Interesse und Anerkennung!
    Heinz Fischer

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