Donnerstag, 11. Februar 2016

Rechtsextremismus in Vorarlberg






Rechtsextremismus in Vorarlberg nach 1945
(Studien zur Geschichte und Gesellschaft Vorarlbergs)

Taschenbuch – von Franz Valandro  (Autor)


Hakenkreuze, SS-Runen und das nationalsozialistische Gedankengut schienen nach dem Fall des Dritten Reiches auch in Vorarlberg nur mehr die Zeugen einer furchtbaren Vergangenheit zu sein.
Doch sowohl die Symbole als auch die Ideologie des Nationalsozialismus sind in bestimmten Kreisen noch immer oder wieder aktuell und weisen so einerseits auf eine Kontinuität und andererseits auf einen Neubeginn neonazistischer und rechtsextremer Strömungen in Vorarlberg hin. Dabei erstreckt sich die Bandbreite von politisch organisierten Gruppen wie der "Nationaldemokratischen Partei" (NDP) über den international bekannten Rechtsextremisten Walter Ochensberger bis hin zu den sehr aktiven und gewaltbereiten Skinheads. 


Der Rechtsextremismus ist aber auch in Vorarlberg ein Phänomen, das nicht nur an den - extremen - Rändern auftritt, sondern auch zum Teil in der Gesellschaft eingebettet ist. Das Buch analysiert die historischen Hintergründe, die Entwicklung und die aktuelle Situation rechtsextremer Strömungen und Gruppen in Vorarlberg. 
Franz Valandro, Jg. 1973, studierte Politologie an der Universität Innsbruck.


Inhalt

Vorwort   7
1.Einleitung  9
2.Begriffsdefinitionen   13
3.Das schwere Erbe der Vergangenheit   17
4.In der Grauzone - Problematische Argumentationslinien der "Pro-Vorarlberg-Bewegung"   25
5.Der VdU und die FPÖ in Vorarlberg   30
6.Die Nationaldemokratische Partei (NDP) in Vorarlberg   35
7.Walter Ochensberger und der "Sieg" - Ein Rechtsextremist von internationaler Bedeutung aus Vorarlberg und seine Publikationen   50
8.Die Vorarlberger Skinheadszene - Entstehung, Entwicklung, aktuelle Situation und Perspektiven   86
9.Eine abschließende Bilanz  136
Anhang  138
Anmerkungen  175
Quellen- und Literaturverzeichnis  192
Personenregister  204
Ortsregister  206



Die sogenannte "Entnazifizierung" muss in Österreich und Vorarlberg rückblickend betrachtet als weitgehend gescheitert bezeichnet werden.
Insbesondere ab 1946/1947 fehlte häufig die Bereitschaft, mit der nationalsozialistischen Herrschaft und Ideologie vollständig zu brechen. Dabei spielte in Vorarlberg die Tatsache eine Rolle, dass Teile der traditionellen politischen und wirtschaftlichen Eliten nach dem Anschluss an das deutsche Reich 1938 und schon zuvor große Sympathien für den Nationalsozialismus zeigten.
Die betroffenen Eliten nutzten nach 1945 ihren politischen sowie gesellschaftlichen Einfluss aus, um sich der Verantwortung für ihr Verhalten in der Zeit des Nationalsozialismus zu entziehen.
Auf dieser Basis der unzulänglichen Entnazifizierung gelang es dem 1949 gegründeten "Verband der Unabhängigen" (VdU), der als Sammelbecken für die ehemaligen Nationalsozialisten diente, das rechtsnationale Lager in Vorarlberg neu zu mobilisieren.
Der VdU erzielte in Vorarlberg gute Wahlergebnisse - die Partei erreichte bis zu 25 Prozent der Stimmen. Die VdU-Nachfolgepartei ab 1956, die FPÖ, wurde Ende der 80er Jahre in Vorarlberg die zweitstärkste politische Kraft und erreichte bei den Nationalratswahlen 2000 fast 28 Prozent der Stimmen.
Eine rechte Abspaltung der FPÖ war die 1967 gegründete rechtsextreme "Nationaldemokratische Partei" (NDP). Der Wendepunkt für die Geschichte der NDP war die Bundespräsidentenwahl des Jahres 1980.
Nach einem in Vorarlberg zum Teil von Ausschreitungen gekennzeichneten Wahlkampf erhielt der NDP-Kandidat Norbert Burger in Vorarlberg über 4 Prozent der Stimmen, was für die NDP-Vorarlberg ein geradezu sensationelles Ergebnis war. Nach diesem Erfolg zerfiel die NDP jedoch ab 1982 aufgrund der internen Flügelkämpfe und wurde 1988 schließlich österreichweit verboten.
Neben dieser explizit rechtsextremen Partei kann man in Vorarlberg eine relativ breite Grauzone im Randbereich rechtsextremer Aktivitäten und Gruppen erkennen.
Organisationen wie der "Österreichische Turnerbund" (Stichwort: Jahnturnerschaften) und hier wiederum vor allem einige Funktionäre standen bzw. stehen zum Teil in einem Naheverhältnis zu rechtsextremen Personen, Organisationen oder Ideologien.


2 Kommentare:

  1. Walter Ochensberger

    trat seit 1967 publizistisch und politisch in Erscheinung. Nach dem Niedergang der NDP verlegte sich Ochensberger stärker auf seine umfangreiche Publikationstätigkeit. Ab 1978 produzierte er in Vorarlberg die Zeitschrift "Sieg", ein international bekanntes Medium des Rechtsextremismus. Ich möchte an dieser Stelle nur zwei Beispiel für die im "Sieg" vertretenen Inhalte anführen. Im "Sieg" Nr. 9 von 1990 äußerte sich Ochensberger folgendermaßen zur Asyldebatte:

    "Kein Geld den Asylschwindlern, so muss die Parole lauten. Kein Taschengeld, keine finanzielle Unterstützung irgendwelcher Art aus dem Schweiß des deutschen Arbeiters. Wenn die Blutegel kein Blut mehr finden, dann fallen sie von alleine ab."

    Die hier offenkundige Fremdenfeindlichkeit war eines der zentralen Themen des "Sieg". Verstärkt wird diese Fremdenfeindlichkeit in dieser Aussage durch eine Wortwahl, die ganz typisch für die rechtsextreme Ideologie ist. Es werden verschiedene Tiermetaphern verwendet, wobei von "Parasiten", "Zecken", "Ungeziefer" oder eben "Blutegeln" die Rede ist.
    So übernehmen die Rechtsextremisten der 90er Jahre häufig die entsprechende Wortwahl der nationalsozialistischen Propaganda, wo etwa Juden als "Schädlinge am deutschen Volkskörper" oder "Parasiten" bezeichnet wurden. Die Gleichsetzung einer bestimmten Gruppe von Menschen, also etwa von Asylsuchenden oder Juden, mit Schädlingen aus dem Tierreich beinhaltet generell eine verbale Vernichtungsdrohung für die so charakterisierte Gruppe.

    Die Herabsetzung des Individuums und einer bestimmten Menschengruppe zum Tier senkt zugleich die Hemmschwelle zur physischen Gewalt gegenüber den betroffenen Personen, denen auch die Eigenschaften dieser Tiere zugeschrieben werden.

    Ein weiteres wichtiges Thema im "Sieg" war der Antisemitismus: Im "Sieg" Nr. 5/1992 wurde nach dem Tod des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, folgendes verlautbart:

    "Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland war gestorben. Welch raffinierte Begriffsbestimmung. Warum nicht: Vorsitzender des Zentralrats der Juden von Deutschland? Nun, die Erklärung ist einfach. Man spricht ja auch nicht von einem Krebsgeschwür vom Fleisch, sondern von einem Krebsgeschwür im Fleisch. Und so ein Krebsgeschwür ist die Judenschaft in Deutschland und Österreich, was man aus ihren verbissenen und bösartigen Handlungen glasklar erkennen kann."

    Auch hier läßt sich eine dieser vorher angesprochenen Gleichsetzungen, in diesem Falle der Juden mit einem Krebsgeschwür, feststellen. Ochensberger verwendete in seinen Publikationen - ebenso wie viele nationalsozialistische Publizisten und Autoren - oft Wortspiele und Metaphern, um seine Inhalte - in dem eben zitierten Beispiel den Antisemitismus - zu transportieren.

    Ochensberger wurde aufgrund seiner rechtsextremen Publikationstätigkeit 1991 wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu drei Jahren Haft verurteilt. Obwohl das Urteil 1992 auf zwei Jahre reduziert wurde, entzog sich Ochensberger der Strafe durch die Flucht nach Spanien. 1993 wurde Ochensberger aber in Deutschland verhaftet und musste nach seiner Auslieferung an Österreich von 1993 bis 1995 seine Haftstrafe verbüßen. Für kurze Zeit war es um Ochensberger relativ ruhig, der "Sieg" wurde eingestellt. 1998 trat Ochensberger mit einer neuen Zeitschrift, dem "Phönix", wieder in Erscheinung. Ochensbergers Aktivitäten werden aber mittlerweile durch die behördlichen Maßnahmen stark eingeschränkt.

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  2. Johann-August-Malin-Gesellschaft,
    historischer Verein,
    Riedergasse 8, 6900 Bregenz

    Die Johann-August-Malin-Gesellschaft widmet sich der Erforschung der Vorarlberger Zeitgeschichte, und hier besonders ihren lange vernachlässigten Themen wie Antisemitismus, Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Sie bringt sich auch in öffentliche Debatten zu diesen Fragen ein.


    http://www.malingesellschaft.at/texte/politische-kultur-1/franz-valandro

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